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Arbeitskräftemangel: Wie wir uns als Staat selbst im Weg stehen

Ob Handwerk oder Pflege, ob Gastronomie oder Industrie – das Thema Fachkräftemangel beschäftigt die deutsche Wirtschaft wie kaum ein anderes. Die Zukunftsprognosen sehen angesichts unserer alternden Bevölkerung düster aus. Ähnlich wie der Klimawandel wird uns dieses Thema noch sehr lange Zeit beschäftigen.

Doch gleichzeitig beziehen 3,9 Millionen Menschen in Deutschland das Bürgergeld. Millionen Geflüchtete sind in den vergangenen Jahren zu uns gekommen. Da sollte es an Bewerbern doch nicht mangeln, sollte man meinen. Von Arbeitgeberseite hören wir, dass unseren Arbeitslosen und Geflüchteten die nötigen Qualifikationen fehlen. Es scheint Konsens, dass wir den Fachkräftemangel nur durch qualifizierte Einwanderung lösen können. Doch Deutschland hat leider den richtigen Zeitpunkt verpasst, um ein Einwanderungsgesetz zu verabschieden.

Für mich ist klar: alleine durch qualifizierte Zuwanderer werden wir das Problem nicht lösen. Um unsere Rente zu sichern und die vielen Baby-Boomer im Alter zu versorgen, müssen wir viel mehr tun! Lassen Sie uns daher ehrlich miteinander sein und die Probleme klar benennen.

Meiner Meinung nach geht es nicht nur um den Fachkräftemangel, sondern um den Arbeitskräftemangel insgesamt! Viele der Menschen, die zu uns gekommen sind, könnten wunderbar als Busfahrer, Maler, in der Gastronomie oder im Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten. Doch viel zu oft scheitert es an fehlenden Anerkennungen, Qualifikationen oder bürokratischen Hindernisse. Leider stehen wir Deutschen uns mit unserer Bürokratie viel zu oft selbst im Weg.

Ich bin fest überzeugt: wir müssen die Potenziale der Geflüchteten und Langzeitarbeitslosen nutzen! Wir können es als Gesellschaft auf Dauer nicht einfach hinnehmen, dass Millionen Menschen vom Amt leben und nichts zur Sicherung unseres Wohlstands beitragen. Viel zu oft stempeln wir sie einfach als arbeitsunfähig oder psychisch krank ab!

Durch meine Arbeit als Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins seiSTARK e.V. weiß ich: Wir müssen diese Menschen motivieren, sie an die Hand nehmen, aber ihnen auch klare Grenzen aufzeigen. Immer wieder weisen wir von uns betreute langzeitarbeitslose Frauen auf ihre Vorbildfunktion für ihre Kinder hin und stellen die Frage: Welches Bild sollen meine Kinder von mir haben? Welche Zukunft wünsche ich mir für meine Kinder?

Ich bin kein Feind des Sozialstaats – im Gegenteil! Ich bin froh, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir Menschen in Not helfen, anstatt sie ins Bodenlose fallen zu lassen. Aber ich finde: es wird Zeit, einmal grundsätzlich zu überprüfen, welche Maßnahmen sinnvoll sind – und wo wir als Staat die falschen Anreize setzen!

Leider erleben wir immer wieder, dass Zugewanderte und Geflüchtete innerhalb kürzester Zeit lernen: Arbeit lohnt sich für mich nicht! Viele der ukrainischen Frauen, die wir als Verein betreut haben, waren anfangs motiviert und wollten lieber heute als morgen anfangen, zu arbeiten. Doch nach einigen Monaten stellen sie fest: die Miete wird gezahlt, die Fixkosten und die Grundbedürfnisse sind gedeckt – warum also für ein paar Euro mehr 40 Stunden die Woche schuften, wenn es sich doch auch ganz bequem leben lässt?

Mit unserem jetzigen System treiben wir die Menschen geradezu in die Schwarzarbeit. Viele betrachten das Geld vom Amt als Grundeinkommen, das sie mit Schwarzarbeit zu einem guten Nettoverdienst aufstocken können. „Warum sollte ich regulär arbeiten, wenn ich schwarz viel mehr in der Tasche habe?“, fragen mich viele. Ich will es ihnen nicht verübeln. Denn wir als Gesellschaft und als Staat sind es, die sie zu diesem Verhalten erziehen.

Daher meine These: Um dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen, müssen wir auch den Sozialstaat neu denken!