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Mein Abschied aus der CDU nach 12 Jahren

Nach 12 Jahren Mitgliedschaft habe ich in der vergangenen Woche Abschied von meiner nunmehr ehemaligen Partei, der Christlich Demokratischen Union, genommen. Viele fragen mich seitdem: Warum? Und vor allem: warum gerade jetzt?

Ich möchte zunächst darauf eingehen, warum ich überhaupt in die CDU eingetreten bin. Ich war damals im Jahr 2010 eine junge und aufstrebende Unternehmerin, die auf die ersten drei Jahre ihrer eigenen Werbeagentur und beachtliche erste Erfolge zurückblickte. An der CDU fand ich damals Gefallen, weil die Partei sich immer stark für die Interessen der Unternehmer*innen einsetzte – ohne jedoch dabei die Belange der Arbeitnehmer*innen und den sozialen Ausgleich aus dem Blick zu verlieren. Die CDU war aus meiner Sicht die letzte echte Volkspartei, die die Interessen verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft auszubalancieren versuchte, anstatt nur bestimmte Interessen zu vertreten und Klientelpolitik zu betreiben.

Jahrelang war ich sehr aktiv in der Partei und brachte insbesondere im Wirtschaftsrat meine Sicht als Unternehmerin in den Willensbildungsprozess der Partei mit ein. Und dennoch ist es nun an der Zeit gewesen, das Kapitel Parteimitgliedschaft zu beenden. Es war kein spontaner Beschluss, der allein auf ein bestimmtes Ereignis zurückzuführen wäre. Vielmehr ist es ein jahrelanger Entfremdungsprozess gewesen, der bereits im Jahr 2015 begann.

Damals kritisierte ich die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel öffentlich. Von vielen Seiten bekam ich damals recht eindringlich zu hören, ich solle doch die Bundeskanzlerin und die Parteiführung nicht zu sehr kritisieren. Als jemand, der aus einem Land kommt, in der mir von der Regierung der Mund verboten wurde, war ich nicht sonderlich begeistert, dass man mir nun aus meiner eigenen Partei nahelegte, doch lieber den Mund zu halten.

Ich war zudem entsetzt über den Umgang mit meinem Freund Wolfgang Bosbach, der über viele Jahre hinweg in einigen Fragen eine andere Auffassung vertrat als die Parteiführung. Ich hätte mir von der stärksten politischen Kraft in Deutschland mehr Mut zur Meinungsvielfalt erhofft. In einem freien Land und einer demokratischen Partei muss man auch unterschiedliche Auffassungen ertragen können.

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Je länger ich in der Partei war, desto mehr bekam ich auch mit, wie sehr innerparteiliche Machtkämpfe und Intrigen das Geschehen bestimmen. Dies betrifft ganz gewiss nicht allein die CDU, sondern die gesamte Parteienlandschaft und politische Kultur. Leider ist an dem guten alten Sprichwort „Freund, Feind, Parteifreund“ durchaus viel dran.

Da ich nie politische Ämter oder Führungspositionen in der Partei angestrebt habe, hat mich dies persönlich nicht betroffen. Und doch habe ich in vielen Situationen mitbekommen, wie im parteipolitischen Alltag menschlich miteinander umgegangen wird. Ich habe für mich entschieden: das brauche ich für mich nicht – und verzichtete trotz mehrfacher Bitten darauf, mich für ein Amt oder Mandat zu bewerben. Als Quotenfrau und -migrantin, die das Image einer von alten Herren dominierten Partei etwas aufpolieren soll, stehe ich ohnehin nicht zur Verfügung.

Denn das größte Problem dieser Partei liegt aus meiner Sicht darin, dass die vielen alten Herren sich weigern, ihre Stühle zu räumen. Warum sollten nicht beispielsweise auch Politiker mit Eintritt in das Rentenalter den Weg für Jüngere freimachen? Die altgedienten Herren könnten dann mit all ihrer Erfahrung den Neulingen im politischen Betrieb als Mentoren und Wegbegleiter dienen.

Doch der wichtigste Grund für mich, meine Parteimitgliedschaft aufzugeben, liegt in der Gründung des Vereins seiSTARK e.V., den ich als geschäftsführende Vorsitzende leite. Durch die Mitgliedschaft bin ich in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit immer auch als CDU-Frau wahrgenommen worden. Ich möchte den Verein politisch unabhängig in der öffentlichen Wahrnehmung positionieren. Eine Vorsitzende, die in der CDU aktiv ist, hätte immer auch den Eindruck eines CDU-nahen Vereins erzeugt.

Bei seiSTARK soll es um die Sache gehen, nicht um Parteipolitik. Im Vordergrund stehen die vielen sozial benachteiligten Frauen, denen wir als Verein helfen wollen, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Die vor dem Krieg geflohenen Frauen und Kinder aus der Ukraine, für die wir als Verein Unterkünfte, Treffpunkte, Ausflüge und Deutschkurse organisiert haben und denen wir helfen, sich in Deutschland zurechtzufinden.

Bereits vor meinem Austritt, jedoch insbesondere auch danach erreichen mich viele Angebote aus anderen Parteien, die mir einen Eintritt schmackhaft machen wollen. Ich habe für mich jedoch beschlossen: Ich werde in keine Partei mehr eintreten und bleibe von nun an sowohl in meiner Funktion als Vereinsvorsitzende, als auch als Privatperson politisch ungebunden.

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Ich möchte mich dennoch von Herzen bei der CDU für die Zeit bedanken, die ich in der Partei erleben durfte. Ich nehme viel aus den gesammelten Erfahrungen und bin sehr froh und dankbar über all die Bekanntschaften und Freundschaften, die ich meiner Mitgliedschaft in der CDU zu verdanken habe. Ich würde meine Zeit in der Partei definitiv nicht missen wollen. Meinen früheren Parteifreund*innen wünsche ich viel Erfolg bei der anstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.

Und so sage ich zum Schluss zwar schweren Herzens, doch trotzdem mit voller Überzeugung: „Adieu, CDU!“